Kirche Hofstetten
Eine modern-schlichte Innenarchitektur bietet die nach einem Brand wieder hergerichtete Kirche Sankt Nikolaus in Hofstetten: Alte und neue Kunstwerke klingen in einem sachlich eingerichteten Kirchenraum zusammen.
Seit September 2025 ist die katholische Kirche Sankt Nikolaus in klassischer Sachlichkeit wieder hergerichtet und mit neuer Orgel ausgestattet. Damit hat es fast vier Jahre gedauert, bis die Folgen der Brandstifung unter der Orgelempore am 31. Dezember 2021 beseitigt waren, die zu einer Neugestaltung des Innenraums geführt haben; am 7. September wurde die neue Orgel aus der Werkstatt von Michael Klahre eingeweiht.
Es ist mein zweiter Versuch: Beim ersten war die Kirche geschlossen, weil sie noch nicht wieder hergerichtet war. Ich erreiche die Flühstrasse 40 via Busstation Hofstetten, Unterdorf. Der traditionelle, etwas erhöht stehende Kirchenbau sieht so aus, als ob ihm das Grundstück westlich und östlich zu klein geworden ist. Die äussere Form lässt eine traditionelle Ausstattung erwarten.
Tatsächlich geht der Kirchenbau auf 1376 zurück, jedenfalls stammt aus diesem Jahr die bisher früheste urkundliche Erwähnung. Wie so oft blieb es nicht beim ursprünglichen Bau. Es folgten verschiedene Neufassungen, etwa des Kirchenturms 1609 oder des Kirchenschiffs 1724: 1854 wurde dieses um zehn Meter verlängert. Nach Stefan Blank führte der Einbau von Altären mit Bildern von Melchior Paul von Deschwanden (1811–1881) 1869, eine neue Fensterverglasung 1891 und die Ausmalung 1907 im Sinne des Historismus dazu, dass der Innenraum ‹verschwenderisch ausgestattet› war.
Im September 2025 betrete ich nun einen betont schlichten kubischen Raum mit künstlerisch-sakralen Objekten, dessen Gestaltung mich an ein modernes Ausstellungskonzept erinnert. Schon 1962/63 erfolgte im Zuge des neuen Liturgieverständnisses eine Versachlichung der Innenausstattung unter anderem durch Entfernung der Altäre, der Kanzel und der Kreuzwegstationen sowie eine Umgestaltung der Empore. Damit gehört die Kirche Sankt Nikolaus zu den Kirchenbauten, bei denen das Reformwerk des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) bis in die Innenaustattung sichtbar wurde.
Die Zerstörungen in Folge des Brands 2021 erzwangen einerseits, andererseits ermöglichten sie diverse grundsätzliche Instandssetzungsarbeiten. Und auch konzeptionell wurde der Kirchenraum weiterentwickelt. Ich sehe an den Wänden ältere Heiligenfiguren (Heiliger Nikolaus, Heilige Barbara und Heilige Katharina), die vier Evangelisten und den 52-teiligen Bilderfries von Adelheid Hanselmann von 1997/1998. Der Fries nimmt Bezug auf die 52 Wochen des Jahres, gruppiert nach den zwölf Tierkreiszeichen. Die Schrift ‹Der Bilderfries von Adelheid Hanselmann in der St. Nikolaus-Kirche in Hofstetten› dokumentiert die Motive der quadratischen Bilder und führt die dazugehörigen Bibelstellen an.
Im Chor fällt mir der präsente Altar auf. Hier steht auch die Pietà, gerade in farbiges Licht getaucht. Dieses kommt von den Farbfenstern von Paul Derron (1924–2011), die «H. G. Mäder, 1963, Küsnacht», ausgeführt hat. Ich wende mich um, blicke Richtung Orgelempore. Dabei wird mein Blick von der hölzernen Kassettendecke angezogen: Sie ist filigran aus doppellagigen Zierleisten aus Weisstanne geschaffen und in der ornamentalen Wiederholung des Trapezmusters ebenfalls schlicht; da sie die gesamte Deckenfläche füllt, wirkt sie zugleich auch mächtig. Diese Konstruktion hilft nicht zuletzt der Akustik für Wort und Musik. Praktischerweise ist in der Decke die Beleuchtung ‹unsichtbar› integriert.
Ich steige die Wendeltreppe zur neuen Empore hinauf. Die Orgel strahlt Erwartung aus, am nächsten Tag wird sie offiziell eingeweiht. Der Spieltisch ist nach vorn zum Altar hin ausgerichtet, 1124 Pfeifen stehen zum Musizieren bereit. Auch hier trifft Schlichtheit auf Tradition: Die Orgel wird flankiert von zwei der ehemaligen Altargemälde von Paul von Deschwanden: Heiliger Sebastian und Heilige Maria.
Der Blick zurück in den Kirchenraum macht mir bewusst, dass nicht alle Gestaltungselemente von 1997/98 wieder aufgegriffen wurden: einmal die «zweimal vier prismatischen, dreiseitigen Glasskulpturen» von Adelheid Hanselmann bei den Fenstern. Mit dem Spiel zwischen Farbe und Licht nahmen sie Bezug auf den Regenbogen als «Zeichen des Bündnisses zwischen Gott und den Menschen» und als Element über dem Thron Gottes in der ‹Offenbarung› des Johannes. Dann der konkav-konvexe Glasparavent von Bruno Leus, der wohl in der Brandnacht zerstört wurde.
Als ich vor dem Verlassen des Kirchenraums meinen Blick noch einmal Richtung Chor wende, fällt mir auf, warum dieser Kirchenraum wie ein (Veranstaltungs-)Saal wirkt: Hier stehen keine Kirchenbänke (mehr), sondern Einzelstühle. Sie ermöglichen eine flexible Nutzung des Kirchenraums.
Die Kirche ist Station des ‹Wertewegs durch das Schwarzbubenland›
mit dem Motto «Es sind Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen».
Weitere Kirchen mit moderner Innengestaltung (Auswahl)
Breitenbach: St. Margaretha
Dornach: St. Mauritius
Zullwil: Oberkirch
Quellen
Stefan Blank: Die Pfarrkirche St. Nikolaus in Hofstetten-Flüh nach dem Brand – pdf
Broschüre: Die neue Klahre-Orgel der Kirche St. Nikolaus in Hofstetten
Der Bilderfries von Adelheid Hanselmann in der St. Nikolaus-Kirche in Hofstetten mit hinführenden Texten von P. Peter von Sury
Text und Fotos: Sebastian Jüngel