Mit Vollgas in die Selbständigkeit
50 Interessierte besuchten am 13. November die gemeinsame Informationsveranstaltung der regionalen Startup- und Standortförderer im Business Parc Reinach. Drei Jung-unternehmer schilderten ihre Erfahrungen und gaben praktische Tipps zum Schritt in die Selbständigkeit. Fazit: 150 Prozent geben, Unterstützung beiziehen und bei dem bleiben, was man am besten kann.
Mit der Promotion Laufental, dem Forum Schwarzbubenland, Business Park Laufental & Thierstein und dem Business Parc Reinach waren gleich vier Akteure aus dem Baselbiet und Kanton Solothurn vertreten. Die Berater der beiden Startup-Zentren zeigten den wissbegierigen Teilnehmern Chancen und Risiken von Firmengründungen auf. Doch es blieb nicht nur bei der Theorie. Am Podium plauderten die drei hochmotivierten Jungunternehmer aus dem Nähkästchen. Eines war schnell klar: Trotz gelegentlicher Herausforderungen möchte keiner von ihnen den Schritt in die Selbständigkeit missen. Alle blicken heute stolz auf das Erreichte.
Marc Hoffmann (Foto rechts) und sein Geschäftspartner haben vor rund drei Jahren mit «Bright Art» einen Blitzstart hingelegt (siehe Success-Story). Die beiden Beleuchtungsspezialisten kümmern sich heute um das Licht-Design und technische Planung von Bühnenshows und Firmenanlässen. Als Angestellte waren beide damals «an einen Punkt gekommen, an dem es nicht mehr we-terging». Für Hoffmann ist es heute das «Grösste», eigenverantwortlich zu handeln und gestalten.
«Hätte ich mich vor drei Jahren nicht selbständig gemacht, dann würde ich das spätestens mit 60 bereuen», ist Sandro Karrer, Geschäftsführer der «Filmbude Karrer» (Foto links), überzeugt. Auch bei ihm stand die Selbstverwirklichung an erster Stelle. So wusste der Produzent hochwertiger Videofilme schon als Kind, dass er mal sein eigener Chef sein möchte. «Die Zeit war 2015 einfach reif dafür.»
Sprung ins kalte Wasser Für Cornelia Rimle (Foto oben) war die Gründung ihres eigenen Unternehmens ein Sprung ins kalte Wasser. (Die Inhaberin von «Physiobox» begleitet und plant den Rehabilitationsprozess ihrer Patienten.) Nach zwei Jahren «haben sich der ganze Schweiss und Einsatz gelohnt». Um erfolgreich zu starten, empfiehlt die ehemalige Eiskunstläuferin, vorzeitig einen Business Plan zu erstellen: «Dies zwingt einen, das Geschäftsmodell idealerweise zusammen mit Dritten zu reflektieren. Dann wer-den einem auch die mit der Selbständigkeit verbundenen Pflichten und Risiken besser bewusst.»
Business Plan als wichtige Richtschnur Bei der Erarbeitung des Business Plans wurden die Drei vom Business Parc in Reinach und Laufen-tal & Thierstein begleitet bzw. beraten. Sandro Karrer dachte zunächst, er schaffe das auch ohne Unterstützung: «Ich wollte machen statt reden.» Doch schliesslich ging er die Inhalte noch einmal durch und war im Nachhinein froh darüber: «Der Business Plan garantiert nicht den Erfolg am Markt, aber er ist eine Richtschnur, wie man an die Kunden und Aufträge kommt», erklärt er.
Wasser statt Cola Wichtiger Bestandteil ist der Finanzplan. Marc Hoffmann und sein Partner berechneten darin die Höhe ihrer Mindesteinnahmen, um damit auch ihr Existenzminimum zu sichern. «Unser Sparsinn ging so weit, dass wir uns sogar überlegten, von Cola auf Wasser umzusteigen», schmunzelt er. Thomas Bretscher, Geschäftsführer Business Park Laufental & Thierstein und Moderator des Podiums, empfiehlt, in der Startup-Phase sechs Monatssaläre zur Seite zu legen, dabei nicht vom alten Lohnniveau ausgehen und sich wirklich von Überflüssigem zu befreien. «Sie erleben einen Wandel in sich.» Er bezeichnete die drei Jungunternehmer «als Gewinner auch ihrer Persönlichkeit».
Pensionskasse nicht antasten «Doch rühren Sie für die Gründung Ihrer Firma in keinem Fall Ihre Pensionskasse an. Diese sollten Sie ausschliesslich für ihre Altersvorsorge einsetzen», mahnte Marcus Haegi, Leiter Beratung & Coaching, Business Parc Reinach, die Teilnehmer des Anlasses (Foto unten)). Neben den Banken bieten hier auch Bürgschaftsgenossenschaften und Organisationen wie der «Arbeitslosenrappen» interessante Modelle und können «Family & Friends» unter die Arme greifen. (Entscheidend sei für die Verhandlung mit möglichen Geldgebern, den Business Plan «fit for Finance» zu machen, betonte er.) Bretscher empfiehlt, sich bei Finanzierungslücken nicht von der Selbständigkeit abbringen zu lassen. «Gehen Sie Ihren Weg mit Ihrer Idee und verkaufen Sie diese bestmöglich. Dann findet sich eine Lösung.»
Die drei Jungunternehmer haben ihr Startup aus eigener Kraft gestemmt. Fürs Ausrüsten ihrer Praxis brauchte Cornelia Rimle aufgrund der engen Zusammenarbeit mit einem Fitnessstudio im selben Haus keine teuren Geräte anzuschaffen. Stattdessen investierte die gelernte Physiotherapeutin in eine umfassende Software. Diese nimmt ihr per Knopfdruck die Administration (u.a. bei den Finanzen) ab. Sie bezahlt pro Leistung und erspart sich damit die Kosten für eine Festanstellung.
Mit Leidenschaft weiter machen Marc Hoffmann erledigt noch selbst die Abrechnungen, hat aber Buchhaltung und Jahresabschluss einem Externen übergeben. «Jungunternehmer sind CEO, CFO, Marketing-Manager und Personal-Chef in einem. Trotzdem tun sie gut daran, bei ihrem Kerngeschäft zu bleiben und auf das zu fokussieren, was sie am besten können», so Bretscher.
Die drei Jungunternehmer treiben denn auch ihre Geschäfte mit Vollgas und Leidenschaft weiter voran. Dabei bleiben sie ihrer ursprünglichen Geschäftsidee treu und bauen diese laufend aus. So hat Sandro Karrer inzwischen die Fotografie und Fotoboxen zum Vermieten mit ins Angebot genommen. «Gib immer 150 Prozent und sei überzeugt, von dem was du machst. Dann empfehlen dich deine Kunden von selbst weiter», lautete sein Tipp ans Publikum.
Bericht: Kathrin Cuomo-Sachsse, Kommunikation; Fotos: Christa Strohm, Business Parc Reinach